Thales ist der erste heute noch bekannte griechische Mathematiker. Mindestens
fünf geometrische Grundregeln sollen von ihm entdeckt und angewandt
worden sein. Am bekanntesten ist Thales für einen speziellen
Kreis, der nach ihm Thaleskreis genannt wird. Thales hat nämlich
herausgefunden, dass die Hypotenuse jedes rechtwinkligen Dreiecks
mit dem Durchmesser eines Kreises zusammenfällt, auf dem auch
die Ecke mit dem rechten Winkel zu liegen kommt.
Thales arbeitete als Ingenieur und
benützte die Geometrie vor allem um sie anzuwenden. Den Thaleskreis
zum Beispiel probierte er mit vielen rechtwinkligen Dreiecken aus.
Als er dann sah, dass er bei all seinen Experimenten funktionierte,
benutzte er ihn für seine Berechnungen. Für ihn stellte
sich noch nicht die Frage nach einem mathematisch korrekten Beweis.
Ich will dir nun auf eine Art, wie es auch Thales gemacht haben
könnte, zeigen, dass die Idee des Thaleskreis korrekt ist.
Als erstes brauchst du ein rechtwinkliges Blatt Papier. Eine Seite aus dem
IKEA Katalog geht bestens - mach einfach sicher, dass das Papier rechtwinklig
ist.
Falte das Blatt nun an einer der Diagonalen. Öffne
es wieder und falte die Seite an der zweiten Diagonalen. Wenn du jetzt die
zwei Diagonalen nicht gut siehst, kannst du sie mit einem Lineal und Bleistift
nachzeichnen.
Als nächstes braucht
es einen Falt in der Mitte, so dass du ein kleineres Rechteck bekommst.
Zusammengefalten liegen die Diagonalen jetzt aufeinander.
Im Bild links kommen die zwei roten Teilstücke aufeinander zu
liegen. Das gleiche ist mit den blauen der Fall. Sie decken sich,
das heisst, sie haben die gleiche Länge.
Öffne das Papier und halbiere
es in die andere Richtung ...
und ja - die Diagonalen liegen wieder aufeinander.
Dieses kleine Experiment zeigt, dass die Teilstücke der
Diagonalen in einem Rechteck alle gleich lang sind: Wenn das
Papier zusammengefaltet ist, liegen sie aufeinander. Wenn du
mir noch nicht glaubst kannst du es ja, wie Thales es gemacht hätte,
an ein paar weiteren Rechtecken ausprobieren. Oder wenn es dir
lieber ist, so versuche einen mathematischen Beweis zu finden,
zum Beispiel mit Hilfe von ähnlichen Dreiecken.
Du wunderst dich nun vielleicht, was Rechtecke mit
dem Thaleskreis zu tun haben. Naja - wenn du ein rechtwinkliges
Dreieck nimmst, es verdoppelst, das zweite um 180° drehst und
schliesslich die beiden Dreiecke an der Hypotenuse zusammenfügst,
so hast du ein Rechteck.
Links siehst du ein Bild eines solchen
Rechtecks. (Wenn du mit der Maus darüber fährst, kannst du die Proportionen
ändern.) Im Bild sind auch noch die Geraden von den rechen Winkeln
zur Mitte der Hypotenusen eingezeichnet. Diese bilden zusammen die
eine Diagonale des Rechtecks - die Hypotenusen die andere.
Wir haben oben herausgefunden, dass die Teilstücke der Diagonalen
alle die gleiche Länge haben. Der Schnittpunkt der beiden Diagonalen
ist also von allen Ecken gleich weit entfernt. Die Menge aller Punkte,
die von einem gegebenen Punkt eine gegebene Distanz entfernt sind,
liegen auf einem Kreis. Die Ecken des Rechtecks liegen also auf
einem Kreis, dessen Zentrum der Schnittpunkt der Diagonalen ist.
Wenn du nun eines der beiden rechtwinkligen Dreiecke anschaust,
siehst du, dass alle Ecken auf einem Kreis liegen und dass der Kreismittelpunkt
mit dem Mittelpunkt der Hypotenuse zusammenfällt. Dies entspricht
der Aussage des Thales-Satzes.
Die Animation zeigt dir noch einmal, dass das Dreieck rechtwinklig bleibt, wenn
die dritte Ecke auf dem Thaleskreis liegt. Probiere es aus indem du mit der Maus
das Dreieck veränderst.